Die Pläne zur Umgestaltung des Volksparks
Der Masterplan
Unter Leitung der Behörde für Bildung und Sport in Zusammenarbeit mit dem Konzeptions-Entwicklungs-Unternehmen Jack Rouse Associates (JRA) aus Cincinnati/Ohio (USA) wurde die Vorstufe eines Masterplans entwickelt, um den Volkspark aus seinem Dornröschenschlaf zu erwecken und ihn dann als Leuchtturm für die Sportstadt Hamburg erstrahlen zu lassen.
Die Firma JRA hat für das Gutachten 187 122,25 € in Rechnung gestellt und erhalten.
An der Bearbeitung der Wirtschaftlichkeitsaspekte wurden die Unternehmungs-Berater-Firmen Economic Research Associates (London) und Blackforesters (Hamburg) beteiligt.
Die Bereitstellung von 1,7 Millionen € für die Erstellung des Masterplan Volkspark sind beantragt. Drei befristete Stellen à 70 000 € für ca. 2 Jahre sollen eingerichtet werden – Kosten: ca. 420 000 € (sind in den Kosten für den Masterplan enthalten).
Sinn der Umgestaltung gemäß Senat
Der Senat hat in Aussicht gestellt, zur Attraktivierung der Metropole Hamburg den Standort in Bezug auf Lebensqualität, Wirtschaftskraft und internationaler Bekanntheit zu stärken und Hamburgs Ruf als lebenswert, modern und weltoffen zu steigern. Die Bewerbung für die Olympischen Spiele 2012 hatte Begeisterung und Aufbruchstimmung geweckt, deswegen soll Hamburg auch noch als potenzieller Kandidat für die Olympischen Spiele 2016 bis 2028 zur Verfügung stehen.
Der Volkspark soll, lt. JRA, in Verbindung mit anderen “Markensäulen” – wie u.a. Wirtschaft, Kultur und Familienfreundlichkeit (!) – Hamburg als internationale “Marke” repräsentieren und deshalb müssen die Hamburger davon überzeugt werden, dass Sport zu ihrer Stadt gehört, egal ob sie selbst Sport treiben oder nicht. Der Sportpark (Volkspark) soll die erste Adresse im Sport werden und ein Ort sein, an dem man gewesen sein muss!
Die Module des “neuen” Volksparks
Die Konzeptionsentwickler schlagen folgende “Module” vor:
- Das Volksparkstadion (AOL-Arena) und die Color Line-Arena als bestehende Anker werden aufgewertet durch Gastronomie und Einzelhandel.
- Eine “Plaza” als zentraler Treffpunkt zwischen den Arenen mit getrennten Ebenen für Fußgänger und Fahrzeuge soll das Herzstück des Sportparks werden – für Veranstaltungen und Kommunikation, Festivals und Entertainment vor und nach Veranstaltungen. Eine verlängerte Aufenthaltsdauer vergrößert das Potenzial für zusätzliche Erträge.
- Als Wahrzeichen für die Identität des Volksparks wird eine große, zentrale Medien-Skulptur auf der “Plaza” vorgeschlagen.
- Eine Sport-Akademie soll sich entwickeln aus einem Sportkompetenz-Zentrum, in dem es u.a. qualifizierte Beratungen zu Trainingsmethoden gibt, Physiotherapie und Sportmedizin.
- Es wird eine Machbarkeitsstudie für die Verlagerung der Tennisanlage “Rotherbaum” in den Volkspark empfohlen.
- Eine Eissporthalle im Nahbereich der Color Line-Arena wird schon 2007 als Trainingshalle für die Hamburger Freezers gebaut und soll gleichzeitig außerhalb der Trainingszeiten für die Öffentlichkeit und für Schulen zur Verfügung stehen.
- Die vorhandenen Einrichtungen sollen durch Profi-Trainingsanlagen erweitert werden, um der Öffentlichkeit die Möglichkeit zu geben ihren Stars beim Training zuzugucken.
- Eine Multifunktionshalle (mit dramatischer und innovativer Architektur) soll Vereinen, Amateursportlern und Betriebssport-Gruppen zur Verfügung stehen. Gleichzeitig soll sie als Aufwärmhalle vor internationalen Wettkämpfen dienen und als “vielseitigste Arena der Welt” Raum für verschiedene Veranstaltungen bieten, wie z.B. Hallenfußball, Billard, Tennis usw... Die Multi-Funktions-Außenanlagen wären z.B. für Fußball und Hockey gedacht, evtl. mit mobilen Tribünen.
- Ein Spaß- und Erlebnisbad “Wasserpark”, ganzjährig betrieben, als Indoor-Anlage mit einzelnen Außenelementen wird vorgeschlagen. Ausgestattet mit Wasserrutschen, Wellenbad für Bodysurfing, Kleinkindbecken mit Wasserspielplatz und wasserorientierte Attraktionen.
Als Beispiel wird ausgerechnet das Spaßbad “Water World” in Dublin angeführt, das zwar im ersten Jahr 1 Million Besucher anlockte aber leider wegen Kapitalkosten und schlechter Bauqualität zu “betrieblichen Problemen” geführt hat! - Eine eintrittspflichtige Indoor-Kinder-Halle und ein kostenfreier Kinderspielplatz soll Kinder durch vielfältige Bewegungserfahrungen an die – kommerzielle – Sportwelt heranführen.
- Es wird erwogen, den Bornmoor-Bereich als Jugendpark umzugestalten, um dort eine Skating-Plaza einzurichten, die als “Mini-Stadt” mit verschiedenen Landschaftselementen, Treppen usw. konzipiert ist. Außerdem könnte sie als Austragungsort für große Skating-Wettkämpfe dienen.
- Eine Golfanlage – inkl. Shop – mit Driving-Ranges, Sandbunker und Putting-Greens – ebenfalls im Bornmoor – könnte das Sportpark-Bild noch vervollständigen.
- Das bestehende HSV-Museum könnte weiterentwickelt werden zu einem Sportmuseum mit interaktivem Unterhaltungswert, wird aber noch nicht in den Masterplan übernommen.
Überblick über die Module
Einen Vergleich zwischen dem “Ist-Zustand” und dem, was sich der Senat denkt, was er mit dem Volkspark machen kann, kann man hier als PDF herunterladen (252 kB).
Diese ganzen Anlagen sollen im nördlichen Teil des Volksparks als sog. “Sport-Campus” entstehen, wohl wissend, dass dadurch Grünzonen gegen kommerzielle Freizeit-, Sport- und Vergnügungsstätten – und noch mehr Parkplätze, Umweltverschmutzung, Unruhe, Lärm und Gestank – ausgetauscht werden.
Ebenso wird das nördlich des Volksparks gelegene Bornmoor (unterliegt zum größten Teil Landschaftsschutzverordnungen) völlig als Naturfläche zerstört, auch die Luruper Feldmark (einzelne restliche Wiesenbereiche) wird mit einbezogen.
Weitere Veränderungen
Im denkmalgeschützten Bereich des Volksparks soll Natur- und Abenteuersport angesiedelt werden, weil das Gelände topografisch gut dafür geeignet ist.
Wellness-Anlagen mit kontemplativen Zonen und mentalen Fitnessbereichen sollen hier ebenso eingerichtet werden, wie “naturnahe Kinderbewegungsbereiche!”, eine Mountainbike-Strecke mit verschiedenen Schwierigkeitsgraden sowie ein Rad- und Rollerblading-Rundweg, Sport- und Lehrpfade, Tafeln mit Trainingshinweisen und ein Hindernis-Parcours. Kletterseile, Baumbrücken und Kletterwände sollen für den nötigen “Nervenkitzel” sorgen.
Auch an Outdoortrainings (outward bound) für unsere Fach- und Führungskräfte wurde gedacht. Für die nicht ganz so Mutigen soll ein “Soft-Extreme”-Bereich geschaffen werden.
Der Dahliengarten, der jedes Jahr im Sommer tausende Besucher anlockt, soll als ganzjährige Attraktion erweitert werden, z.B. als Fotoausstellung für Hobby- und Profi-Fotografen. Von Eintrittsgeld war noch nicht die Rede.
Für die Trabrennbahn an der Luruper Chaussee soll eine Grundsatzentscheidung getroffen werden (evtl. eine Zusammenlegung mit der Horner Rennbahn), soll aber im Masterplan bleiben. Vorgeschlagen werden weitere Events wie Rad- und Kamelrennen. (Inzwischen steht die Trabrennbahn vor der Pleite.)
Gegenargumente
Der Volkspark wurde mit dem Gedanken geschaffen, der Bevölkerung Altonas einen Ort zum Entspannen zu bieten und dieser Ort sollte naturnah und mit dichtem Baumbestand bewachsen sein. Inzwischen sind seit letztem Herbst schon weit mehr als hundert alte, meistens gesunde Bäume gefällt worden – und die Abholzung geht pausenlos weiter! Keine Woche vergeht, ohne dass im Wald nicht wieder irgendwas zerstört wird.
Vor ca. 100 Jahren wurden viele Hamburger Parks während der Sozialreform aus privatem Besitz der Öffentlichkeit übergeben, (in der Zeit gab es tatsächlich verantwortungsbewusste Politiker, die an das Wohlergehen der Menschen dachten) anscheinend gibt es jetzt rückläufige Tendenzen – siehe Schanzenpark und Schröders Park.
Sicher ist, dass der Altonaer Volkspark jahrelang vernachlässigt wurde und einer leichten “Aufpolierung” bedarf. Die Frage ist aber, ob hier – genau wie beim Bismarckbad – “Vernachlässigungspolitik” betrieben worden ist, um Gründe dafür zu finden, solche Einrichtungen zu zerstören und zu kommerzialisieren.
Aber vielleicht sind die Politiker heute skrupellos genug und brauchen nicht mehr solche vordergründigen Motive, um Natur, soziale Errungenschaften und öffentliches Eigentum kaputt zu machen.
Übrigens: Fast 21 Millionen Euro wurden aufgewendet, um die Bereiche um die Stadien für die WM zu “verschönern” – doch sobald man aus dem Nahbereich der Arenen hinauskommt, fällt einem die Vernachlässigung sofort ins Auge: völlig zugewachsene Bänke, abgesägte, liegen gelassene Nadelbäume – die Buchen wurden abtransportiert –, die schönen, ehemals weißen Bänke im südlichen Eingangsbereich sind total verschmutzt und die Farbe blättert ab – um nur einige Beispiele zu nennen.
Autorin: Ingrid Gangloff
Quelle
Die Module des Masterplans wurden der Senatsdrucksache 18/3929 vom 21.3.2006 entnommen. Die Original-PDF-Datei kann über diesen Link angeschaut werden.
Hinweis: Zuerst klicken Sie auf der neu aufgerufenen Seite der Hamburger Bürgerschaft den Link “Dokumentnummer”. Danach geben Sie die Dokumentennummer 3929 in die Suchmaske auf der Seite ein. Das Dokument ist ca. 15,6 MB groß.
Hinweise
Auf den Internetseiten der Firma oneVest finden sich folgende Zeilen: “Heute spricht man von Entertainment und in der rund 160 Hektar großen Grünanlage soll mit dem Projekt Forum Volkspark eine Freizeit und Erholungseinrichtung entstehen, die für das 21. Jahrhundert taugt.” (siehe dazu: http://onevest.de/deutsch/arena.html)
Was das bedeutet? Die Nutzung mit den Arenen bietet “ein ganzes Erlebnisprogramm [...] vom Fußball über das Konzert bis zum gediegenen Abendessen, vom Einkauf bis zur Wellness.” Von Naherholung und Natur kein Wort. Ist das die Zukunft des Volksparks?
Die Firma oneVest gehört übrigens dem CDU-Bürgerschaftsmitglied Andreas Wankum.